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03.11.2022

Fleischerberufe in Villingen-Schwenningen stärken

Wenn es um die Wurst geht, halten alle zusammen. Und in der Gewerbeschule Schwenningen ist es fünf nach zwölf, was die Azubi-Zahlen im Fleischerhandwerk und im dazugehörigen Fachverkauf anbelangt.

Um den Sinkflug zu stoppen, haben sich Vertreter der Innungen, der Großmärkte Edeka Südwest und Rewe, des Landkreises und der Gewerbeschule auf Initiative der Handwerkskammer Konstanz zu einer Arbeitssitzung getroffen. Herausgekommen ist eine Kooperationsvereinbarung, die es in der Form noch nicht gab: Alle Beteiligten wollen künftig stärker in der Nachwuchswerbung zusammenarbeiten und neue Ideen für eine Imageverbesserung der Berufsgruppe entwickeln.

Schüler wollen nicht weit fahren

Das Problem: Sinken die Schülerzahlen mehrere Jahre in Folge unter die magische 16, werden diese Kleinklassen geschlossen und die Beschulung auf andere Standorte verteilt. Im Falle des Fleischerhandwerks wäre das Lörrach – ein weiter Weg für einen unter 18-Jährigen aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, der auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. „Die Mobilitätslust unseres Nachwuchses wird häufig überschätzt. Vielmehr entscheiden sich viele für eine Ausbildung in der Nähe. Und wo keine Auszubildenden, da keine Fachkräfte und letztlich auch keine potenziellen Betriebsübenehmer und Betriebe mehr“, brachte Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz, es auf den Punkt. Da gehe letztlich ein Stück regionale Kultur verloren.

Das unterstrich Timo Michel vom Großmarkt Rewe am Beispiel Mannheim: „Dort wurde der Fleischerbereich der Berufsschule geschlossen und seitdem finden wir kaum mehr Auszubildende für unsere Märkte in der Stadt.“

Oft falsches Bild des Berufs

Es werde bereits viel Imagearbeit für den Beruf geleistet, um mehr Jugendliche zu gewinnen. Aber das reiche nicht aus, ergänzte Mareike Müller von Edeka Südwest. „Schon der Begriff Fachverkäufer/innen im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Fleischerei ist viel zu sperrig. Und viele haben ein falsches Bild im Kopf und denken, da legt jemand mal 100 g Lyoner auf die Waage und das ist alles. Dabei ist der Beruf sehr vielschichtig und kreativ“, so Müller. Leider wüssten das auch die Berufsberater der Arbeitsagenturen nicht. Ihr selbst sei damals als Abiturientin mit Metzgereihintergrund vom Fleischerberuf abgeraten worden.

Joachim Lederer vom Landesinnungsverband der Fleischer macht seit 30 Jahren leidenschaftlich Lobbyarbeit für den Beruf und kennt die positiven Seiten: „Das Fleischerhandwerk hat so viele Pluspunkte, da müssen wir gemeinsam ansetzen. So wie es die Kochsendungen geschafft haben, den Koch-Beruf wieder attraktiv zu machen, könnte es auch das Fleischerhandwerk schaffen. Außerdem ist die Ausbildungsvergütung bei uns gut. Das muss man kommunizieren“, forderte er.

Das Image sei leider durch negative Schlagzeilen über Vorfälle in Großmetzgereien stark beschädigt worden, kritisierte Schulleiter Svjetlan Magazinovic. „Wir sind aber nicht Tönnies, sondern bei uns geht es um Qualität und Regionalität. Wir bilden Feinkostspezialisten aus.“

Davon konnten sich die Beteiligten auch bei einem Rundgang durch die Fleischereiräumlichkeiten der Schule überzeugen. Auszubildende präsentierten dort unterschiedliche Pastetchen, Spieße und vegetarische Snacks. Auch ein Roboter kam zum Einsatz. Geduldig spießte er ein Wurststückchen nach dem anderen auf Holzspieße auf. Eine Lösung gegen den Fachkräftemangel? Eher nicht, meinten die betreuenden Auszubildenden. Die Hauptarbeit im Fleischerberuf und vor allem die Beratung an der Theke könnte der Roboter nicht übernehmen.

Ausbildung in der Region stärken

Dennoch: Es sei wichtig, sich den künftigen Entwicklungen nicht zu verschließen, auch was die regionale Schulentwicklung anbelange.

Der Landkreis habe viel in die Gewerbeschule in Schwenningen investiert und stehe zum Standort, betonte Landrat Sven Hinterseh. Die Kreisrätin und Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun, die einen Bio-Bauernhof in Furtwangen betreibt, unterstrich dies und ergänzte, dass es in der Region eine hohe Dichte an Tierhaltung gäbe. Der Kreislauf vor Ort ohne lange Lieferwege müsse erhalten bleiben.

Ihr Kollege Niko Reith, FDP, fügte hinzu, dass der Schulstandort wichtig sei, um die Unternehmensnachfolge zu sichern. Und auch Stefan Teufel, CDU, hob die wichtige Bedeutung der Beschulung vor Ort hervor.

Viel Einigkeit also an diesem Tag für das Fleischer- und Feinkosthandwerk. „Wir haben heute viel erreicht und mit der Kooperationsvereinbarung eine wichtige Basis für die künftige Zusammenarbeit geschaffen“, resümierte Raimund Kegel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, zufrieden. Die Kooperationspartner haben vor, sich einmal jährlich in gleichem Rahmen zu treffen, um die Umsetzung der entwickelten Ideen zu begleiten.

Quelle: Handwerkskammer Konstanz